Platt verstehen lernen


Als ich klein war, waren wir oft zu Besuch bei meiner Großmutter in Lübeck. In der Wochenendausgabe der Lübecker Nachrichten war immer eine Kinderseite. Damals war das für mich der interessanteste Teil der Zeitung, eine ganze Seite voll mit Rätseln und Spielen. Mittenmang war immer ein plattdeutscher Dööntsche, den ich aber nicht verstand, auch dann nicht, wenn meine Mutter mir den langsam vorlas. Es waren einfach zu viele Wörter dazwischen, die ich nicht wiedererkannte. Ich habe erst viel später gelernt, Platt zu verstehen. Dabei ist das eigentlich ganz einfach, wenn man ein paar wenige Regeln kennt.

Systematische Veränderung von Konsonanten
Zwischen Plattdeutsch und Hochdeutsch liegt die sogenannte hochdeutsche Lautverschiebung. Platt hat dabei die ursprünglichen Laute beibehalten. Im Hochdeutschen kam hingegen, ausgehend von Süddeutschland, eine neue Aussprachemode auf, die sich immer weiter ausgebreitet hat. In dieser wurden drei Konsonanten (p, t und k) ziemlich systematisch umgebaut, und zwar so:

p zu pf oder f
Niederdeutsch p wurde in vielen Fällen zu pf oder gar f.
Beispiele:
Appel => Apfel
Pann => Pfanne
Piep => Pfeife
Kopp => Kopf
lopen => laufen

k zu ch
Das niederdeutsche k wurde in vielen Fällen zu ch.
Beispiele:
ik => ich
Lock => Loch

t zu z oder s
Niederdeutsches t wurde in vielen Fällen zu z/tz oder s.
Beispiele:
Water => Wasser
to => zu
laten => lassen
Tiet => Zeit
Katt => Katze

Systematische Veränderung von Vokalen
Ein weiterer systematischer Unterschied zwischen Plattdeutsch und Hochdeutsch betrifft die Langvokale:

Langes i (geschrieben ie) wurde zu ei
mien => mein
Wien => Wein

langes u wurde zu au
Huus => Haus
Muus => Maus

Auch hier ist niederdeutsch das Original, die ursprüngliche Form.

Was nützt das?
Mit diesem Wissen und ein wenig Hinschauen lassen sich viele plattdeutsche Wörter entziffern, die man sonst nicht so leicht versteht. Wenn Du also auf ein plattdeutsches Wort triffst, das Du nicht verstehst, dann probiere doch einmal, diese Regeln darauf anzuwenden. Vielleicht kommt dabei ja ein hochdeutsches Wort heraus, das Du wiedererkennst.

Und wenn Du ein Wort einmal erkannt hast, dann erkennst Du es das nächste Mal auch. Bis zum Leseverständnis ist es damit nicht weit.

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