Verben mit und ohne Knööv


In den nächsten Artikeln auf lern-platt.de geht es um die Vergangenheit der Verben. Dabei brauchen wir zunächst ein wenig Vorbereitung. Wir brauchen für die Formen nämlich:

  • den Unterschied zwischen starken und schwachen Verben sowie
  • den Unterschied zwischen Perfekt und Präteritum.

Keine Sorge, beides ist nicht schwer. Heute werden diese beiden Begriffe erklärt. Die Formen selbst kommen nächstes Mal.

Starke und schwache Verben

Es gibt im Deutschen (hoch wie platt) zwei Arten von Verben, die sich in den Formen der Vergangenheit unterscheiden: die starken und die schwachen Verben. Diese Bezeichnung stammt von Jakob Grimm. (Wikipedia) Ja genau, einer der beiden Gebrüder Grimm. Er hat nicht nur Märchen gesammelt, er war auch Sprachwissenschaftler.

Das schwache Verb

Hier ein Beispiel aus dem hochdeutschen. (Gegenwart/“Präsens“, Vergangenheit/“Präteritum“ und Perfekt)

Ich mache, ich machte, ich habe gemacht

Man sieht: der Stamm mach- ist immer gleich. Das Präteritum bekommt ein angehängtes -te. Das Perfekt bekommt ein angehängtes -t. (Diese Form nennt sich Partizip.) Alles schön regelmäßig.

Das starke Verb

Anders die starken Verben. Dor steckt mehr Knööv (Kraft) achtern. Da sind die Verben viel stärker verbogen. Starke Verben bilden die Vergangenheit mit einer Vokaländerung:

Ich laufe, ich lief, ich bin gelaufen.

Um es zu verdeutlichen, tauschen wir mal ein starkes und ein schaches Verb. Bei diesen falschen Formen erkennt man gleich den Veränderung. Mal angenommen, laufen wäre ein schwaches Verb und kaufen ein starkes. Es hieße dann:

ich laufe, ich laufte, ich bin gelauft.

Und

ich kaufe, ich kief, ich habe gekaufen

Ablaut

Die Vokalveränderung bei starken Verben nennt sich in der Sprachwissenschaft „Ablaut“. Dieses Wort hat der Grimm erfunden.

Die Ablautreihen hatten auch ein gewisses System. Vor 1500 Jahren, im Gotischen, unterschied man 7 Gruppen von starken Verben und diese Gruppen wurden sehr regelmäßig gebildet. In 1500 Jahren Sprachgeschichte wurden die Verben dann in rund 40 verschieden Gruppen weiterentwickelt und so interessiert man sich heute an der Schule nicht mehr für diese Gruppierung. Im Englischen laufen die starken Verben sogar ganz platt unter „unregelmäßig“, auch wenn sie es streng genommen gar nicht sind.

Wer mit (Hoch)deutsch aufwächst, kennt diese Ablautreihen. Wer neu hinzukommt, muss sie lernen.

Auch auf Platt gibt es starke Verben, auch auf Platt gibt es solche Ablautreihen. Zuweilen ist man sich unter den Plattsnackern auch nicht ganz einig, und man findet dann verschiedene Formen. Die Kenntnis der Formen ist aber ein Stück weit unter die Räder gekommen.

Wer Platt nur wenig im Ohr hat, der sollte sich zumindest die wichtigsten starken Verben ansehen und sie lernen. Andernfalls greift man doch da und dort daneben. Eines wäre meiner Meinung nach nicht angemessen: ohne gute Plattkenntnisse sich eigene Ablautreihen auszudenken. Auf lernplatt.de werde ich daher in weiteren Artikeln Stück für Stück einige dieser Verben vorstellen.

Perfekt und Präteritum

Noch eine kurze Anmerkung zum Gebrauch von Perfekt und Präteritum. Im Englischen (dort heißen die Zeiten „simple past“ und „present perfect“) ist der Unterschied groß und muss sorgfältig gelernt werden. Im Deutschen (hoch wie platt) ist der Bedeutungsunterschied der beiden Formen nicht mehr vorhanden. Hier gilt nur noch:

  • Perfekt ist die Erzählzeit der mündlichen Rede
  • Präteritum ist die Erzählzeit der Schriftsprache, die Erzählzeit der Bücher.

Niemand würde sagen „Gestern kaufte ich ein“. Aber im Buch würde man schreiben „Peter lief zum Bäcker“.

Nächstes Mal

Damit soll es für heute mit der Theorie genug sein. Für heute merken wir uns: es gibt schwache und es gibt starke Verben. Nächstes Mal geht es um die Formen der schwachen Verben.

Bildquelle: Bild von StockSnap auf Pixabay

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